Wohnen & Leben
Advent, Advent, der Weihnachtsbaum brennt …

Zur Adventszeit und über die Festtage werden besonders viele Brandfälle durch Kerzenfeuer gemeldet. Kein Wunder also, dass sich Hauseigentümerinnen und -eigentümer um ihre Immobilien sorgen. Doch darf das Verwenden von Kerzen verboten werden? Wir haben mit Experten gesprochen.

Infolge der aktuell herrschenden Energieknappheit überlegt man es sich zweimal, ob die stromfressende Lichterkette wirklich an den Weihnachtsbaum gehört. Zum Glück eignet sich die besinnliche Weihnachtszeit perfekt, um auf Kerzenlicht zu setzen. Jedoch erhöht der Einsatz von echten Kerzen die Chance, den Weihnachtsbaum unverhofft in Brand zu stecken. Die Adventszeit ist allgemein dafür bekannt, dass sich Brandfälle häufen. Bis zum 24. Dezember spitzt sich die Lage mit bis zu ca. 23 Brandfällen pro Tag zu, wie die Statistik der Vereinigung Kantonaler Gebäudeversicherungen (VKG) zeigt. Blickt man konkret auf die Brandursache Kerzen, sind die Weihnachtstage besonders stark betroffen. Kein Wunder also, dass sich Hauseigentümerinnen und -eigentümer um ihre Immobilien sorgen. Was aber kann die Eigentümerschaft tun, um ihre Immobilie zu schützen? Und welche Rechte besitzen die Mietparteien, um nicht auf die Kerzen verzichten zu müssen?

Kerzen verboten?

«Ein generelles Verbot, das die Benutzung von Kerzen verbietet, ginge vermutlich zu weit», erklärt Fabian Gloor vom Mieterinnen- und Mieterverband Deutschschweiz. Jennifer Ehrensperger von Suter Howald Rechtsanwälte ergänzt: «Auch aus den Bestimmungen der Brandschutzvorschriften* geht hervor, dass der Gebrauch von Kerzen in der Mietwohnung nicht untersagt ist, soweit er sorgfältig erfolgt. Die Sorgfaltspflicht ist dabei bereits im Mietrecht festgehalten (Art. 257f Abs. 1 OR) und kann durch den Mietvertrag oder eine Hausordnung präzisiert werden. Darin unzulässig sind Vorgaben durch die Vermieterschaft, welche mit dem vereinbarten Gebrauchszweck in Widerspruch stehen oder die Persönlichkeitsrechte der Mieterparteien verletzen. Dazu gehört auch ein generelles Rauchverbot.»

Auf die Nachfrage, ob in Holzbauten mehr Vorsicht geboten ist, gibt Ehrensperger Entwarnung: «Das Risiko eines Brandes ist bei Holzhäusern, welche unter Einhaltung der Brandschutz- und Qualitätsvorschriften erstellt worden sind und unterhalten werden, grundsätzlich nicht höher als anderswo. Es gelten deshalb die gleichen Vorschriften betreffend des Gebrauchs von Kerzen wie bei Nicht-Holzwohnbauten.»

Eigene Bestimmungen besitzen dagegen Gebäude, die unter Denkmalschutz stehen. Gloor liefert uns dazu ein spannendes Beispiel: Das Baudenkmal «Flederhaus» in Wegenstetten. Neben seiner Historie beherbergt das Gebäude in seinem Dachstuhl eine vom Aussterben bedrohte Fledermausart. In solchen Fällen macht ein generelles Feuer- oder Kerzenverbot durchaus Sinn. Wer in einem denkmalgeschützten Haus wohnt, weiss das bereits. Wie ist es aber in herkömmlichen Immobilien? Müssen sich Mieterinnen und Mieter proaktiv beim Hauseigentümer informieren, ob echte Kerzen erlaubt sind? Gloor gibt Entwarnung: «Hier ist es die Vermieterschaft, die auf ihre Mieterinnen und Mieter zugehen muss, sofern ein Kerzenverbot begründet ist». Auch Ehrensperger gibt zu verstehen: «Es sind die Eigentümerschaft, Vermietenden und Verwaltungen, die dazu verpflichtet sind, Mietparteien über die Belange der Brandsicherheit zu informieren und bei Bedarf zu instruieren.»

«Ich han es Zündhölzli azündt und das het e Flamme gäh …»

Wenn kein grundsätzliches Feuer- oder Kerzenverbot vorliegt, dürften Mieterinnen und Mieter also ihren Weihnachtsbaum mit echten Kerzen schmücken. Dabei ist selbstverständlich Vorsicht geboten. Kommt es dennoch zu einem Brandfall, tritt die Versicherung auf den Plan. Bei einem Brand sind Eigentum der versicherten Person sowie anvertraute und gemietete Sachen durch die Feuerversicherung im Hausrat gedeckt, bestätigt uns die Mobiliar. Wichtig ist aber, dass die Versicherungssumme für den Hausrat richtig kalkuliert wurde, gibt Mediensprecher Lorenz Gerber von der Mobiliar zu bedenken. Sonst könnte die Versicherung nicht den gesamten Schaden decken. Das Gebäude und seine Räumlichkeiten sollten hingegen über die Gebäudeversicherung abgesichert werden. Diese ist in den meisten Kantonen obligatorisch.

Trotz Versicherungsschutz leidet in einem Brandfall die Immobilie und ihre Räumlichkeiten. Gemäss Art. 257f Abs. 1 und 2 OR muss die Mieterschaft die Mietsache sorgfältig gebrauchen. «Ein einmaliger Brandschaden dürfte aber wohl noch nicht für eine ausserordentliche Kündigung ausreichen, sofern der Brandschaden nicht vorsätzlich verursacht wurde», räumt Gloor ein. Die Vermieterschaft müsste die Mieterschaft zuerst abmahnen und eine Kündigung wäre erst nach einer erneuten Sorgfaltspflichtverletzung zulässig.

Feuerfrei durch die Weihnachtszeit

Ist man vorsichtig, spricht also nichts gegen den Einsatz von Kerzen am Weihnachtsbaum. Um feuerfrei durch die Weihnachtszeit zu kommen, gilt es laut der Mobiliar einiges zu beachten:

Viele Brände von Weihnachtsbäumen ereignen sich erst nach den Weihnachten, wenn die Tannen allmählich trocken werden und leichter entzündbar sind. Deshalb empfiehlt es sich, den Weihnachtsbaum erst kurz vor dem Fest zu kaufen und möglichst spät in die beheizte Wohnung zu stellen. Es reicht, den Weihnachtsbaum in einen mit Wasser gefüllten Ständer zu stellen, weil Tannenbäume das Wasser ausschliesslich über die Rinde aufnehmen. Ein Benetzen des Baumes ist nicht notwendig, dabei könnte lediglich der Boden der Immobilie in Mitleidenschaft gezogen werden.

Ausserdem sollten Kerzen an Weihnachtsbäumen nicht zu nahe unter Zweigen oder Schmuck angebracht werden. Darüber hinaus wird empfohlen, stets eine Löschdecke oder ein anderes Löschmittel griffbereit zu haben. Nicht zuletzt rät die Mobiliar allen Bewohnerinnen und Bewohnern, den Raum – geschweige denn die Wohnung oder das Haus – nicht zu verlassen, wenn Kerzen brennen.

Auch die gesetzlichen Brandschutzvorschriften schreiben vor, dass Kerzen und Kerzengestecke auf geeigneten und nicht brennbaren Unterlagen so aufzustellen sind, dass sie nicht umfallen können. Sie sind ausserdem in solcher Entfernung von brennbaren Materialien aufzustellen, dass die Flammen nichts entzünden können.

Wenn wir diese Tipps berücksichtigen, steht den besinnlichen Festtagen in den eigenen vier Wänden nichts mehr im Weg.


*Gesamtschweizerisch geltende Bauschutzvorschriften der Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen und dazu gehörende Verordnungen bzw. Richtlinien.

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